Zwei seit langer Zeit befreundete, in London lebende Paare, die zusammen ihre Urlaube und ihre Freizeit verbringen. Die Töchter sind inzwischen ausgezogen, es wäre also Zeit, sich wieder in Ruhe den eigenen Interessen und einander zu widmen – da stirbt einer von ihnen unerwartet. Das ist nicht nur ein Schock für die verbliebenen drei, es bringt auch das Gleichgewicht ihrer Freundschaft ins Wanken. Dabei hilft nicht, dass die Frauen in ihrer Jugend jeweils mit dem Ehemann der anderen liiert waren. „Kurz und knapp: Fünf Lieblingslektüren der letzten Zeit“ weiterlesen
Mein Zorn ist längst verraucht
Am 11. April jährt sich zum 100. Mal der Geburtstag von Marlen Haushofer
Lieber Herr Weigel!
Ich antworte gleich auf Ihren Brief, damit Sie sich auch nicht die geringsten Sorgen meinetwegen machen müssen. Ich bin sehr froh, daß Sie so aufrichtig zu mir sind. Daß ich ein recht schwerer Fall bin, weiß ich ja selber auch. Es stimmt nicht, daß ich nicht idyllisch sein will. Ich möchte sehr gern, aber das wäre gelogen. Gerade diese Mischung von Dämonie u. Idylle, auf die ich unentwegt stoße, bereitet mir das größte Unbehagen u. fasziniert mich zugleich. Vielleicht wäre es meine Aufgabe gerade das glaubwürdig zu gestalten. Wahrscheinlich fehlt mir dazu die dichterische Kraft. Oder ich müßte einmal ein paar Monate allein sein u. Ruhe haben. „Mein Zorn ist längst verraucht“ weiterlesen
Kurz und knapp: Drei Romane und zwei Sachbücher
In den letzten Wochen haben mich drei Romane und zwei Sachbücher begeistert, vier davon noch neu, eins – Seitenwechsel von Nella Larsen – eine Wiederentdeckung des Dörlemann Verlags, die schon vor ein paar Jahren erschien, für mich aber neu war. In Kanada und in den USA ist der Februar unter der Überschrift Black History Month dem Beitrag der Afroamerikaner*innen zur amerikanischen Geschichte und Kultur gewidmet – für mich bisher ein sehr vernachlässigtes Gebiet. Das soll sich ändern. „Kurz und knapp: Drei Romane und zwei Sachbücher“ weiterlesen
Die Großartigkeit von Zora Neale Hurston
Vor sechzig Jahren starb Zora Neale Hurston, eine der wichtigsten Stimmen der afroamerikanischen Literatur.
Schiffe in der Ferne haben jedermanns Wunsch an Bord. Für manche treffen sie mit der Flut ein. Für andere fahren sie immer am Horizont dahin, nie außer Sicht, nie ein in den Hafen, bis der Ausschauer resigniert die Augen abwendet, da ihm an der kalten Schulter der Zeit die Träume gestorben sind.
Mit Dolby-Surround im Viktorianismus
Mein Lesejahr endete mit einem tausendseitigen Lesevergnügen, einem Roman, der noch in anderer Hinsicht superlativisch ist. Middlemarch, George Eliots Hauptwerk, wurde in England vor wenigen Jahren von einer internationalen Jury zum bedeutendsten britischen Roman aller Zeiten gewählt – vor Jane Austen, den Brontës, Charles Dickens oder Virginia Woolf. Julian Barnes und Martin Amis halten ihn für den größten Roman englischer Sprache und betonen, wie beispielsweise auch Siri Hustvedt, immer wieder, welch große Bedeutung dieser Roman für sie hat.
George Eliot, die eigentlich Mary Ann Evans hieß, wurde 1819 geboren und sollte die bestbezahlte und meistgelesene Autorin ihrer Zeit werden. Sie wurde von weiten Kreisen verehrt wie eine Heilige, von anderen allerdings als „Stinkbombe der Menschheit“ verdammt. Dazu später mehr. „Mit Dolby-Surround im Viktorianismus“ weiterlesen
Unerwartete Folgen…
… hatte mein letzter Blog-Beitrag über den rein männlich besetzten SZ-Schuber mit zehn Romanen der Weltliteratur. Wenn es auf Nacht und Tag einen neuen Beitrag gibt, poste ich das auch auf Twitter, Facebook und Instagram, wo sich sehr unmittelbar abzeichnet, ob ein Thema großen Anklang findet oder eher auf moderates Interesse stößt. In diesem Fall war das Interesse sofort sehr groß, ich habe so viele Nachrichten bekommen wie noch nie, darunter eine von Lisa Brammertz, die dem Ganzen, wie ich, einen eigenen „Schuber“ entgegensetzen und ein Foto mit zehn Romanen der Weltliteratur posten wollte – ausschließlich von Autorinnen. Wir dachten uns den Hashtag #autorinnenschuber aus, und in den nächsten Tagen posteten Hunderte Instagram-User*innen und etliche auf Facebook und Twitter ihre eigenen Stapel mit den Büchern von Autorinnen, die ihnen am wichtigsten sind, darunter zahlreiche Buchhändler*innen und Autor*innen und mehrere Verlage. „Unerwartete Folgen…“ weiterlesen
Welten der Wildheit und der Lebensfreude
„Zehn große Romane der Weltliteratur“, die „in keinem Bücherregal fehlen“ sollten – so kündigte die Süddeutsche Zeitung Ende Oktober in einer Anzeige ein neues Produkt an, das über ihren Onlineshop erhältlich ist. Das Besondere: Alle Autoren sind Männer. Und das ist reine Absicht, gezeigt werden soll nämlich, „wie vielseitig die Männerwelt wirklich ist“. Der Schuber mit dem wonnigen Titel Soulmates enthält allerlei zwischen Alexis Sorbas und Blade Runner. Satire? Leider nein. „Welten der Wildheit und der Lebensfreude“ weiterlesen
Kurz und knapp: Drei Höhepunkte aus dem Herbst
Eine Nobelpreisträgerin, eine Wiederentdeckung und eine der interessantesten Autorinnen der Gegenwart – drei Lese-Highlights aus den letzten Wochen
Da gewinnt schon mal eine Autorin den Nobelpreis für Literatur – als 15. Frau auf 100 Männer – und dann wird kaum über sie gesprochen, weil parallel eine Debatte um den zweiten Literaturnobelpreisträger tobt, die alles in den Schatten stellt. „Kurz und knapp: Drei Höhepunkte aus dem Herbst“ weiterlesen
2. Nacht-und-Tag-Lesekreis: Margaret Atwood
Keine Vorabexemplare, Verschwiegenheitserklärungen der Ausgewählten, die den Roman schon vor Erscheinen lesen durften (aber nur im Verlagshaus), Mitternachtspartys zum Verkaufsstart und ein Interview mit der Autorin, das am Erstverkaufstag zeitgleich in 1.000 Kinos weltweit übertragen wurde. Ein Spektakel wie zum Erscheinen von Margaret Atwoods Roman Die Zeuginnen hat es wohl seit dem letzten Harry-Potter-Band nicht mehr gegeben. Nachdem in den USA ein Frauenverächter zum Präsidenten gewählt wurde und zeitgleich die Produktion der Fernsehserie The Handmaid’s Tale begann, wurde Der Report der Magd endgültig zum Welterfolg. Vierunddreißig Jahre nach der Erstveröffentlichung erschien mit Die Zeuginnen nun die Fortsetzung. Die Erwartungen waren hoch – haben Sie sich erfüllt? „2. Nacht-und-Tag-Lesekreis: Margaret Atwood“ weiterlesen
Schreibend Abschied nehmen
Barbara Honigmann und David Wagner, Philip Roth, Vivian Gornick und Annie Ernaux – all diesen Autor*innen war der Abschied von einem Elternteil Anlass, ein Buch über den Vater oder die Mutter zu schreiben. Abschied und Tod sind dabei nicht gleichzusetzen, denn oft beginnt das Abschiednehmen noch zu Lebzeiten, mit einer schweren Krankheit, oder wenn eine Demenz einen Menschen verändert und gemeinsame Erinnerungen schwinden lässt. Annie Ernaux’ Buch über ihren Vater, Der Platz, habe ich hier bereits besprochen, nun erscheint bei Suhrkamp Eine Frau, ihr ebenso schmales Buch über ihre Mutter, das mit deren Sterben beginnt. „Schreibend Abschied nehmen“ weiterlesen