In eigener Sache – Eine Art Newsletter

Ausgerechnet in einer Zeit, in der viele neue Abonennt*innen dazu gekommen sind, hat es hier auf dem Blog wenig Neues zu lesen gegeben. Das liegt daran, dass ich im Frühjahr unter Zeitdruck mein Buch (und dann andere liegen gebliebene Projekte) fertiggestellt habe, und nach dem Sommer mit FRAUEN LITERATUR, Abgewertet, Vergessen, Wiederentdeckt auf Reisen war. Und weil so viel Ungewohntes und Tolles los war, gibt es heute einen Blogbeitrag genau darüber. Es wird einen kurzen Reisebericht geben, ein paar Links zu ausgewählten Interviews, Radiobeiträgen und einem Fernsehbeitrag und am Ende noch ein paar Buchtipps, denn ganz ohne geht es dann doch nicht.

Erstmal möchte ich alle herzlich willkommen heißen, die neu dazu gekommen sind, und allen danken, die schon länger und immer noch dabei sind. Ohne die Begeisterung von Euch und Ihnen, ohne den Austausch und immer wieder motivierendes Feedback, wäre es überhaupt nie zu all dem gekommen, was im September war, und das war eine ganze Menge. Der Monat startete noch vor Erscheinen des Buches beim Frankfurter Festival stromern mit der Veranstaltung „Das (un)sichtbare Patriarchat“. Rebekka Endler, die Autorin von Das Patriarchat der Dinge, Sonja Eismann, Mitherausgeberin des Missy Magazine, und ich haben über patriarchale Strukturen im öffentlichen Raum und im Literaturbetrieb gesprochen und versucht, eine Antwort auf die Frage zu finden, warum wir eigentlich 2021 noch nicht weiter sind und immer noch über diese Probleme reden müssen. Das Gespräch haben wir am nächsten Morgen ganz ohne Publikum beim Frühstück auf der vielleicht schönsten Dachterrasse Frankfurts noch fortgesetzt. Und weil die Fotos von der Veranstaltung zwischenzeitlich verschollen waren, hat Rebekka Endler stattdessen einfach schnell diesen Cartoon gezeichnet.

Weiter ging es in der folgenden Woche mit der offiziellen Buchpremiere von FRAUEN LITERATUR in der Buchhandlung Ocelot in der Berliner Brunnenstraße, in der ich selbst mal ein paar Jahre gelebt habe (als es das Ocelot noch nicht gab). Besonders toll war hier, dass ich so viele Menschen, mit denen ich mich seit langem in den sozialen Medien austausche, endlich persönlich kennengelernt habe. Außerdem war es ein besonderes Vergnügen, mich mit der Buchhändlerin Magda Birkmann, die die Lesung moderierte und selbst Expertin für Literatur von Frauen ist, über das Vergessen und Wiederentdecken von Autorinnen zu unterhalten. Wer ihren Newsletter Magda liest. Und liest. Und liest. noch nicht kennt: ganz dringende Empfehlung. Kaum fassen konnte ich, dass das Ocelot meinem Buch eine Woche vor der Lesung dieses Schaufenster gewidmet hat:

Mitte September ging es dann auf Einladung des Bonner Literaturhauses und des Kölner Literaturfestivals Insert Female Artist an den Rhein. Das Festival, das 2019 zum ersten Mal stattfand (darüber hatte ich hier berichtet) und das wichtige Impulse für mein damals noch gar nicht geplantes Buch gab, hatte in diesem Jahr den Schwerpunkt Fremd- und Selbsterzählungen gegenwärtiger und verstorbener Autorinnen. Schriftsteller*innen und Wissenschaftler*innen verschiedener Ausrichtungen führten haufenweise spannende Gespräche, hielten Lesungen und Vorträge zu diesen Themen. Ich steuerte im Rahmen des Weltcafés einen kurzen Input-Vortrag zum Thema Tagebuch bei, in dem ich das Authentische in Zweifel zog, das dem Genre immer zugeschrieben wird, basierend auf meinem Buch Von Tagebüchern und Trugbildern, Die autobiographischen Aufzeichnungen von Katherine Mansfield, Virginia Woolf und Sylvia Plath. Einen Festivalrückblick gibt es hier

In der letzten Septemberwoche war ich vom Cabaret Voltaire und dem Salon des Schweizer Magazins Republik ins Zürcher Literaturhaus eingeladen, um dort zusammen mit der Autorin und Dramaturgin Ivna Žic und dem Salon-Team zu diskutieren, ein lebendiger Austausch und ein sehr schöner Abend. (Auf dem Foto von links nach rechts: Daniel Graf, Barbara Villiger Heilig, Nicole Seifert, Daniel Binswanger, Ivna Žic)

Den Abschluss und den Höhepunkt dieses tollen Monats bildete in derselben Woche meine Lesung im Hamburger Literaturhaus – für mich schon deshalb besonders, weil meine Mutter, meine Schwester und mein Mann und ein paar Freund*innen dabei waren und viele tolle Autorinnen, und auch, weil ich mich extrem gefreut habe, dass Till Raether die Moderation übernommen hat und wir zwischen den Lesepassagen über Frauen und Literatur diskutieren konnten.

Zwischen den Reisen und Lesungen habe ich rund dreißig Interviews gegeben, von denen ich hier nur ein paar Lieblinge verlinken will. Sehr gefreut habe ich mich über die Einladung des FAZ Bücherpodcasts und über das Gespräch mit den Literaturagenten von Radio eins, meinem alten Berliner Lieblingssender. Sehr schön geworden ist der Beitrag von WDR Scala „Was ist eigentlich Frauenliteratur?“. Ohne Bezahlschranke nachzulesen sind die Interviews „Es gibt ja auch keine Männerliteratur“ im Neuen Deutschland und „Immer noch benachteiligt“ in der taz. Und dann war ich mit dem Buch auch noch im Kulturjournal des NDR. – Soviel erstmal zu FRAUEN LITERATUR. 

Außerdem gibt es zu berichten, dass eine Übersetzung von mir erschienen ist, an der ich mit großem Vergnügen gearbeitet habe: der schmale Roman Heiteres Wetter zur Hochzeit der Britin Julia Strachey (1901-79). Es geht um die dreiundzwanzigjährige Dolly, die den acht Jahre älteren Ehrenwerten Owen Bigham heiraten soll. Am Hochzeitstag sind die ersten Familienmitglieder bereits eingetroffen und stehen im Weg rum, während die Hausangestellten versuchen, die Wohn- und Esszimmer für die Feier vorzubereiten. Die Braut wirkt nicht besonders enthusiasmiert und trinkt zu viel, als sie sich umzieht, genau wie die Gäste, die nach und nach ihre teils etwas skurrilen Geschenke abgeben, zur Begeisterung der völlig überdrehten Brautmutter, die ständig das gute Wetter beschwört, das sich einfach nicht einstellen will. Unter den Gästen ist auch der gleichaltrige Joseph, der verzweifelt versucht, Dolly allein zu erwischen, und zwar bevor sie am Altar steht. Als die beiden endlich reden, stellt sich auch heraus, warum die Braut insgesamt so wenig begeistert ist und vor allem: was sich im Jahr zuvor zugetragen hat. Eine satirische Gesellschaftskomödie mit Upstairs-Downstairs-Elementen, komisch und abgründig. Ich empfehle sie sehr (Dörlemann Verlag, 160 Seiten, 19 Euro).

Eine ausführliche Rezension habe ich auch endlich mal wieder geschrieben, die erscheint aber nicht hier auf dem Blog, sondern in der ZEIT und ist hier nachzulesen. Es geht um den Debütroman Die Aufdrängung der Basler Autorin Ariane Koch, der das Zeug zum Klassiker hat und hoffentlich noch von sich reden macht…

Als nächstes kommt vom 20. bis 24. Oktober die Frankfurter Buchmesse. Wer möchte, könnte am 23. Oktober um 16 h den Livestream mit der Autorin Simone Buchholz und mir sehen, wenn wir im Rahmen von Brigitte Live auf der ARD Bühne der Frage auf den Grund gehen, warum Autorinnen seit Jahrhunderten ausgegrenzt werden. Weitere geplante Lesungen und Veranstaltungen kündige ich ab jetzt regelmäßig unter dem Reiter „Veranstaltungen“ hier auf dem Blog an.

Und dann winkt noch eine Woche Urlaub mit hoffentlich viel Zeit und Lust zum Lesen. Wer bis dahin noch mehr Buchtipps braucht, dem seien ein paar Beiträge über Lieblingsbücher ans Herz gelegt, die aus der Anfangszeit von Nacht und Tag stammen, als ich mehr Zeit hatte, für den Blog zu schreiben, es aber noch kaum jemand gelesen hat: Das Innere Erleben ist alles über drei Romane, die auffällig viel gemeinsam haben, einer von Véronique Olmi, einer von Christina Hesselholdt und einer von Virginia Woolf. Ein Lieblingsroman aus den letzten Jahren stammt von Verena Rossbacher, von der es, wie ich gehört habe, bald einen neuen Roman geben wird. Und ein anderes Lieblingsbuch ist nach wie vor Was nie geschehen ist von Nadja Spiegelman, eine biografische Spurensuche der besonderen Art.

Nicole Seifert

Fotonachweis des Beitragsbildes und der beiden Fotos aus Zürich: (c) Cabaret Voltaire, IIDA

Veröffentlicht von

Nacht und Tag Literaturblog

Leserin, Autorin, Übersetzerin

4 Kommentare zu „In eigener Sache – Eine Art Newsletter

  1. Ich bin auf diesen interessanten Blog über die Rezension in der SZ gestoßen. Vielen Dank dafür! Ich möchte im Hinblick auf gute feministische Literaturanalyse und -kritik auf ein leider etwas in Vergessenheit geraten Werk von Sigrid Weigel von 1987 hinweisen: Die Stimme der Medusa: Schreibweisen in der Gegenwartsliteratur von Frauen. Auch ein hervorragendes Buch über Bücher von Frauen!

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