Als der New Yorker Ende 2017 die erste Short Story der 1982 geborenen Kristen Roupenian veröffentlichte, erlebten die Zeitschrift und die bis dahin unbekannte Autorin einen viralen Hype, den es auf literarischem Gebiet so noch nicht gegeben hatte: „Cat Person“ wurde so oft geteilt und geklickt wie keine Kurzgeschichte zuvor und zur „meistdiskutierten Short Story aller Zeiten“ (Guardian). Das hatte zwei Gründe: Sie ist richtig gut. Und Gegenstand der Geschichte ist eine mehr oder weniger freiwillige sexuelle Begegnung zwischen Mann und Frau, die es schwer macht zu entscheiden, wer wem übel mitspielt. Den Zeitpunkt der Veröffentlichung hatte das Magazin klug gewählt: kurz nach den Weinstein-Enthüllungen. „Nichts ist schwarz-weiß“ weiterlesen
Große Pläne, kleine Feuer
Das Haus der Richardsons brennt gleich auf der ersten Seite. Mrs. Richardson, die an diesem Vormittag ganz entgegen ihrer Gewohnheit (und ihre Gewohnheiten sind eigentlich in Stein gemeißelt) lange geschlafen hat, hat sie selbst entdeckt: kleine Feuer überall, in jedem Schlafzimmer der sechsköpfigen Familie. Im Bademantel wartet sie an der Straße auf die Feuerwehr, auf ihren Anwaltsgatten, ihre zwei Söhne und zwei Töchter im Alter zwischen vierzehn und siebzehn Jahren. Bald sind alle da und sehen gemeinsam das Haus abbrennen, alle bis auf eine. Es fehlt die jüngste Tochter Izzie, Hitz- und Querkopf und deshalb das schwarze Schaf der Familie. Es sind sich alle einig, dass nur sie die Feuer gelegt haben kann. „Große Pläne, kleine Feuer“ weiterlesen